Health workforce across European Countries
manifesto for a european health union
Titel OMK Gesundheit - Wo steht Deutschland?
Datum Oktober 2007
Kontakt Dr. Markus Schneider, Dr. Uwe Hofmann, Aynur Köse, Thomas Krauss

Indikatoren der OMK im Gesundheitswesen und der Langzeitpflege

Haben sich Zugang, Qualität und Nachhaltigkeit des deutschen Gesundheitswesens im europäischen Vergleich verbessert? Wo steht Deutschland bei Anwendung der offenen Methode der Koordinierung (OMK)? Teil der Lissabon Strategie - Europa zum mächtigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen - ist die Modernisierung des Sozialstaats der EU-Mitgliedsländer. Durch die OMK soll ein standardisierter Vergleich der Sozialschutzsysteme ermöglicht und damit Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Für den Bereich des Gesundheitswesens und der Langzeitpflege entwickelte die europäische Kommission in Abstimmung mit den Mitgliedsländern ein Indikatorenportfolio mit neun Primärindikatoren, einem Sekundärindikator und acht Kontextindikatoren.

Die Kommission unterscheidet dabei drei Ziele:

  1. Zugang zur Gesundheitsversorgung und Verminderung von Gesundheitsungleichheiten
  2. Förderung der Qualität
  3. Sicherstellung der langfristigen Finanzierung der Gesundheitsversorgung (Nachhaltigkeit).

Für die Praxis der OMK, kommt es jedoch nicht nur auf das Konzept, sondern auch auf die Datengrundlagen an. Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit untersuchte BASYS, inwieweit Statistiken verfügbar sind und wie die Validität der Indikatoren zu beurteilen ist. Für die 15 alten und für 10 neue Mitgliedsländer der EU sowie für die 16 Bundesländer Deutschlands wurden, insoweit möglich, alle OMK Indikatoren und eine Reihe von Zusatzindikatoren berechnet. Damit wird die Stellung des deutschen Gesundheitssystems in Europa abgebildet und Unterschiede innerhalb Deutschlands veranschaulicht.

Obgleich das Portfolio nicht zu einem Summenindikator verdichtet wurde, verdeutlichen die einzelnen Indikatorenwerte die partiell erheblichen Differenzen sowohl auf der Seite des Outcomes als auch des Ressourceneinsatzes.

Gesundheitsunterschiede

Die Säuglingssterblichkeit ist in Lettland beispielsweise dreimal so hoch wie in Schweden. Deutschland schneidet hier knapp besser als der EU15 Durchschnitt ab, wobei allerdings Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sogar nahezu die geringe Sterblichkeit von Schweden erreichen. Nordrhein-Westfalen, mit einem hohen Anteil von Migranten, hingegen fällt deutlich ab. Am stärksten sank die Säuglingssterblichkeit von 1994 bis 2004 in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Insgesamt haben sich die Unterschiede im genannten Zeitraum zwischen den Bundesländern vermindert. Dennoch bestehen noch deutliche Unterschiede in der Lebenserwartung. In Baden-Württemberg erreicht die Lebenserwartung wiederum europäische Spitzenwerte.

Versorgungszugang

Unterschiede im Versorgungszugang können sowohl die Folge des Versorgungsangebots als auch von Finanzierungsregelungen sein. Deutschland zeichnet sich im europäischen Vergleich durch beides aus: ein hohes Versorgungsangebot und einen umfangreichen Versicherungsschutz. Deutschland hat beispielsweise die dritthöchste Arztdichte im internationalen Vergleich. Zusätzlich ist hervorzuheben, dass selbst die beiden Bundesländer mit der geringsten Arztdichte - Brandenburg und Niedersachsen - immer noch über den Werten von Finnland, Großbritannien, Irland, Luxemburg und den Niederlanden liegen. Dabei bleibt anzumerken, dass die beiden Flächenländer Niedersachen und Brandenburg durch die Stadtstaaten Bremen und Hamburg bzw. Berlin mitversorgt werden.

Förderung der Qualität

Da sich die Datenlage im Bereich der Qualitätsmessung als äußert schwierig erwies, konnte hier nur die Impfrate bei Kindern als Primärindikator festgelegt werden. Zweifellos ist die Qualität der Versorgung zentral für die Beurteilung eines Gesundheitssystems. Dazu gehören die Effektivität und Sicherheit der Versorgung, Patientenrechte, Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren sowie Innovationen. Die Entwicklung von vergleichbaren Kenngrößen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität stellt deshalb eine große Herausforderung för die OMK im Gesundheitswesen dar. Die Studie diskutiert neben der Impfrate bei Kindern auch die nosokomialen Infektionen und die Perinatalsterblichkeit. Für die nosokomialen Infektionen war allerdings kein Vergleich zwischen den Bundesländern möglich. Deutschland schneidet bei allen Qualitätsindikatoren gut ab.

Nachhaltigkeit der Finanzierung

Die öffentlichen Finanzierungsmöglichkeiten des Gesundheitswesens hängen entscheidend von der Entwicklung der Einnahmen der Krankenkassen und der öffentlichen Haushalte ab. Aufgrund des geringen Wirtschaftswachstums und der Einführung der Pflegeversicherung stellte sich in Deutschland die Situation im Zeitraum 1994-2004 als besonders schwierig dar. Um so bemerkenswerter ist die Stabilität der öffentlichen Gesundheitsausgaben Deutschlands. Die öffentliche Finanzierung des Gesundheitswesens und der Langzeitpflege gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist dennoch in Deutschland, nach Frankreich, am höchsten. Die hohe öffentliche Finanzierungsquote ist auch Ausdruck der innerdeutschen Solidarität. Diese Solidarität und die damit verbundene Aufbauleistung in den neuen Bundesländern wird besonders deutlich im Vergleich mit allen östlichen Nachbarländern.

Ausblick

Die Untersuchung zeigt, dass

Die regionalen Unterschiede in der Infrastruktur und in den Gesundheitsausgaben zwischen den Ländern Deutschlands geben Anregungen, aber werfen auch Fragen zur Effektivität und Effizienz der regionalen Strukturen auf.

Die Studie kann entweder insgesamt (6,4 MB) oder als Zusammenfassung heruntergeladen werden. Ausgewählte aktuelle Indikatoren für Deutschland und Europa finden Sie unter Indikatoren.