Health workforce across European Countries
manifesto for a european health union
Titel Sparen Hausärzte Krankenhauskosten ein?
Datum Juni 2007
Kontakt Dr. Markus Schneider, Dr. Uwe Hofmann, Thomas Krauss

Warum ist die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts für Bewohner des Saarlands oder Sachen-Anhalts mehr als 30% höher als für die Baden-Württemberger? Was sind die Ursachen für die hohen Unterschiede der Krankenhaushäufigkeit zwischen den Bundesländern? Krankenhausaufenthalte stellen nicht nur eine körperliche und psychische Herausforderung für den Patienten dar, sondern ziehen auch erhebliche finanzielle Konsequenzen nach sich. Angesichts der in Abbildung 1 erkennbaren hohen Variation der Krankenhaushäufigkeit (Anzahl Krankenhausfälle je 100 Einwohner) in Deutschland stellt sich die Frage, welche Faktoren für diese Unterschiede maßgeblich sind und welche Folgen daraus für die Patienten resultieren.

Abbildung 1: Anzahl Krankenhausfälle je 100 Einwohner nach Bundesländern, 2004

 Anzahl Krankenhausfälle je 100 Einwohner nach Bundesländern

Quelle: Berechnungen BASYS nach Daten des Statistischen Bundesamtes

Die Krankenhaushäufigkeit wird von verschiedenen Faktoren nachfrage- und angebotsseitig beeinflusst. Auf der Nachfrageseite spielen die Alters- und Geschlechtstruktur der Bevölkerung, die Unfallhäufigkeit und die Morbidität eine Rolle. Angebotsseitig ist neben der Hausarztdichte vor allem auch die Anzahl der Akutbetten entscheidend.

Wie die Hausarztdichte in Abbildung 2 zeigt, weist das deutsche Gesundheitswesen als Folge von - wenn auch begrenzten - Gestaltungsmöglichkeiten auf Länderebene, Differenzen in der Versorgung auf. Neben den Unterschieden im derzeitigen hausärztlichen Versorgungsgrad der Länder bestehen Differenzen in der Entwicklung. So ist in einigen Bundesländern die hausärztliche Versorgung sogar rückläufig. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie die Krankenkassen eine hausarztzentrierte Versorgung flächendeckend anbieten können. Welche Rolle kommt den Hausärzten als Gatekeeper zur stationären und ambulanten fachärztlichen Versorgung tatsächlich zu?

Abbildung 2: Hausärzte je 100.000 Einwohner nach Bundesländern, 2004

Hausärzte je 100.000 Einwohner nach Bundesländern

Quelle: Berechnungen BASYS nach Daten der Bundesärztekammer

Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang von Krankenhaushäufigkeit und Hausarztdichte. Länder mit hoher Hausarztdichte haben in der Regel weniger Krankenhausfälle. Die besondere Bedeutung der Hausärzte bei der Koordination medizinischer Leistungen könnte hierfür eine Ursache sein.

Abbildung 3: Krankenhaushäufigkeit und Hausarztdichte, 2004

Krankenhaushäufigkeit und Hausarztdichte

Quelle: BASYS

Die multivariate Analyse deutet ferner daraufhin, dass neben der Hausarztdichte auch die Verfügbarkeit an Akutbetten, einen Einfluß auf die Krankenhaushäufigkeit hat. Auf diesen Zusammenhang wies zum ersten Mal Milton Roemer 1961 hin. Das nach ihm benannte „Roemersche Gesetz - A built bed is a filled bed“ ist allerdings kein Naturgesetz. Entscheidend für die Belegung sind die Erstattungsregelungen und die fachärztliche Versorgungsstruktur. Für Deutschland läßt sich jedenfalls deutlich feststellen: Länder mit hoher Bettendichte verzeichnen bezogen auf die Wohnbevölkerung mehr Krankenhausfälle (vgl. Abbildung 4).

Krankenhausplanung ist Ländersache. Die Variation in der Akutbettendichte legt nahe, dass in den Ländern unterschiedliche Standards zum Tragen kommen. Darüber hinaus gibt es historische bedingte Unterschiede zwischen Ost und West, die sich auch heute noch in der Krankenhaushäufigkeit zwischen den Ländern bemerkbar machen und mit der Alterstruktur der Bevölkerung korrelieren.

Abbildung 4: Krankenhaushäufigkeit und Akutbettendichte, 2004

Krankenhaushäufigkeit und Akutbettendichte

Quelle: BASYS

Was kann man tun, um die Produktivitätsvorteile der ambulanten Versorgung zu nutzen? Der erste Schritt ist, dass die Zusammenhänge als solche überhaupt erkannt werden. Im zweiten Schritt ist zu fragen, was machen die Länder mit weniger Krankenhausfällen anders?

Der Schlüssel zur Verbesserung der Produktivität im Gesundheitswesen liegt in der Verbesserung der allokativen Effizienz. D.h. die Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen ist nicht nur sektoral, sondern sektorübergreifend zu verbessern. Den Hausärzten und der Anzahl der vorgehaltenen Akutbetten kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Weitere regionale Analysen wären hier zur Optimierung des Gesundheitswesens durchaus sinnvoll.