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14. Jahrgang

Deutsche Ausgabe

März 1999

  Inhalt:

Einsparungen durch hausärztliche Versorgung
Rheinland-Pfalz: Neue Gesundheitsausgabenrechnung
Arbeitssicherheit in KMUs

Einsparungen durch hausärztliche Versorgung

Erhebliche Einsparungen im Gesundheitswesen lassen sich durch die Stärkung des Hausarztprinzips und durch Prävention erzielen. Wen wundert es daher, daß die Stärkung der Primärversorgung in vielen Ländern die Reformdiskussion im Gesundheitswesen dominiert? Während in anderen Ländern noch diskutiert wird, hat Holland sie bereits umgesetzt. Dabei konnten durch die konsequente Stärkung der Primärversorgung erhebliche Kostenvorteile realisiert werden.

Der Zugang zur professionellen medizinischen Versorgung über die Hausärzte (Hausarztprinzip) bedeutet paradoxerweise nicht mehr, sondern weniger Ausgaben für die Primärversorgung. Einsparungen werden jedoch auch in der Sekundär- und Tertiärversorgung, etwa durch weniger Krankenhausfälle, erzielt.

Im Jahr 1995 wurden in den Niederlanden 2,89% des Bruttoinlandsprodukts für die Primärversorgung aufgewendet, darunter 0,31% für die hausärztliche Versorgung, 0,34% für Heilmittel (Physiotherapie etc.), 0,24 % für die häusliche Pflege, 0,76% für die Prävention und 1,23% für Arznei- und Hilfsmittel (Brillen, Hörgeräte, etc.).

In Kanada, wo ebenfalls das Hausarztkonzept verfolgt wird, kostete die Primärversorgung 3,23% des Bruttoinlandsprodukts, in Deutschland 3,50% und in den Vereinigten Staaten 3,98%. Die konsequente Umsetzung des Hausarztprinzips im Gesundheitswesen bietet somit insgesamt die Grundlage für eine Verbilligung der medizinischen Versorgung, allerdings auf Kosten der Wahlmöglichkeiten der Patienten

(Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe)

Rheinland-Pfalz: Neue Gesundheitsausgabenrechnung

Bedingt durch die Größe des Gesundheitswesens haben gesundheitspolitische Eingriffe gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Ihre Analyse setzt somit gesamtwirtschaftliche Basisinformationen über die wichtigsten Eckwerte des Gesundheitswesens zu Ressourceneinsatz, Leistungserbringung, Leistungsnachfrage und Finanzierung voraus. Die Berechnung von gesundheitsökonomischen Basisdaten ist eine notwendige Voraussetzung, Finanzierungs- und Ausgabenstrukturen zu erkennen, ihre Zielgenauigkeit zu verbessern und die Rationalität gesundheitspolitischer Entscheidungen zu steigern. Gleichzeitig wird dadurch die Möglichkeit eröffnet, Größe und Struktur des Gesundheitswesens zwischen Ländern und Bund zu vergleichen.

Gesundheitsökonomische Basisdaten

Die Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister(innen) und Senator(inn)en der Länder hatte 1991 einen Katalog von Indikatoren für die Gesundheitsberichterstattung (GBE) der Länder entwickelt. Zwischenzeitlich stellte sich heraus, dass dieser Katalog vor allem in den Bereichen „Ausgaben, Finanzen und Kosten" sowie im Bereich der Beschäftigten einer Überarbeitung bedurfte.

Im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit in Rheinland-Pfalz (MASG) legte BASYS 1998 ein Konzept zur Berechnung von zehn gesundheitsökonomischen Basisdaten vor. Es wurde mit Neuentwicklungen des Bundes sowie der OECD abgestimmt.

Pro-Kopf-Ausgaben unter dem Bundesdurchschnitt

Die Gesundheitsausgaben in Rheinland-Pfalz beliefen sich 1996 auf 17,7 Mrd. DM. Das sind ca. 10,5% des Bruttosozialprodukts in Höhe von 169 Mrd. DM. Im Vergleich zu 1995 hat sich die Ausgabenquote in Rheinland-Pfalz erhöht. So lag der Anteil des Bruttosozialprodukts, der für das Gesundheitswesen aufgewendet wurde, 1995 noch bei 9,9%.

Bezogen auf die Pro-Kopf-Ausgaben liegen die Ausgaben in Rheinland-Pfalz unter dem Bundesniveau. 1996 betrugen die Gesundheitsausgaben pro Kopf 4.435 DM. Diese waren damit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mit 4.779 DM um 344 DM niedriger.

Hohe private Finanzierung

Ca. 58% der Gesundheitsausgaben in Rheinland-Pfalz wurden 1996 über die gesetzliche Krankenversicherung finanziert. Die Ausgaben betrugen hierfür allein rund 10,3 Mrd. DM, ohne dass Einkommensleistungen wie Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Sterbegeld berücksichtigt sind.

Insgesamt finanzierten alle Sozialversicherungsträger für Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz 12,1 Mrd. DM an Gesundheitsleistungen. An zweiter Stelle folgten die öffentlichen Haushalte mit 2,0 Mrd. DM. Im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland errechnet sich für Rheinland-Pfalz ein höherer Finanzierungsanteil der privaten Krankenversicherung und ein geringerer Anteil der öffentlichen Haushalte.

Leistungserbringung

Ausgehend von der Klassifikation der Einrichtungen sowie den Statistiken der Leistungserbringer und Kostenträger wurde die Leistungserbringung sowie die Wertschöpfungsquote der Einrichtungen im Gesundheitswesen in Rheinland-Pfalz ermittelt.

1996 erbrachten die Gesundheitseinrichtungen in Rheinland-Pfalz Leistungen im Wert von 22,5 Mrd. DM. Unter Berücksichtigung der Vorleistungen von 9,0 Mrd. DM entspricht dies einer Bruttowertschöpfung von rund 13,5 Mrd. DM. Dies bedeutet, dass 1996 die Wertschöpfungsquote des Gesundheitssektors anteilig am Bruttoinlandsprodukt in Rheinland-Pfalz 9,0% betrug.

Exportüberschuss

Nicht alle Gesundheitsausgaben flossen Gesundheitseinrichtungen des Landes Rheinland-Pfalz zu. Vielfach wurden Leistungen aus Gesundheitseinrichtungen der Nachbarländer eingekauft. Umgekehrt wurden im Gesundheitswesen des Landes Rheinland-Pfalz Leistungen erbracht, die Krankenversicherungen außerhalb des Landes bezahlten.

Für Rheinland-Pfalz ergibt sich unter Berücksichtigung der Vorleistungsindustrien im Gesundheitswesen ein Leistungsüberschuss in Höhe von rund 1,9 Mrd. DM. Ursächlich hierfür sind insbesondere die Exporte der Pharmazeutischen Industrie. Im Dienstleistungsbereich, etwa bei Krankenhausleistungen, besteht dagegen ein Nettoleistungsdefizit, d.h. es werden mehr Leistungen von Einrichtungen außerhalb von Rheinland-Pfalz importiert als exportiert.

Jeder achte Beschäftigte arbeitet im Gesundheitswesen

1996 waren in Rheinland-Pfalz ca. 191,2 Tsd. Personen in Einrichtungen des Gesundheitswesens einschließlich der Vorleistungsbereiche des Gesundheitssektors beschäftigt. Dies entspricht rund 153,6 Tsd. Vollkräften. Bezieht man diese auf die Erwerbstätigen insgesamt in Rheinland-Pfalz, beträgt die Beschäftigungsquote im Gesundheitswesen 12,5%. Dies bedeutet, dass jeder achte Beschäftigte im Gesundheitswesen Arbeit fand. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mit 11,2% ist daher die Beschäftigungsquote in Rheinland-Pfalz höher.

Produktivität

Bezieht man die Umsätze der Einrichtungen des Gesundheitswesens in Rheinland-Pfalz unter Abzug der Vorleistungen auf die Beschäftigten, erhält man ein Maß für das erwirtschaftete Einkommen je Beschäftigtem (Produktivität). Hiernach betrug 1996 die Produktivität je Beschäftigtem (Vollkraft) in Rheinland-Pfalz im Durchschnitt rund 88.000 DM.

Die Studie „Gesundheitsökonomische Basisdaten für Rheinland-Pfalz” kann im MASG, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Bauhofstraße 9 in D-55116 Mainz bestellt werden.

Arbeitssicherheit in KMUs

Unterstützung durch die EU

Die EU versucht gegenwärtig, die mittel- und osteuropäischen Länder (MOELs) auf ihren EU-Beitritt vorzubereiten. Finanzielle und technische Unterstützung soll diesen Ländern die Annäherung an die Standards der europäischen Mitgliedsstaaten erleichtern. Einer der Förderschwerpunkte ist „Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz". Aber sogar in den Anwärterstaaten bestehen nach wie vor Defizite in der Gesetzgebung wie auch in der Durchführung der Gesetze, was in der folgenden Tabelle ersichtlich wird.

Nach Einschätzung der Europäischen Kommission ist der Arbeitsschutz in den fünf Anwärterstaaten derzeit nicht ausreichend

Estland Regierungsbeschluss einer Nationalen Politik für die Arbeitsumwelt. Die Politik konzentriert sich verstärkt auf die Überwachung und die Stärkung des Arbeitsaufsichtsamtes. Die Verwaltungsstrukturen für die Durchsetzung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sollen verstärkt werden. Der derzeitige Personalbestand reicht nicht aus, um die sich aus der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ergebenden zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen.
Polen Der Arbeitsschutz in Polen konzentriert sich eher auf Gesetzesdurchführungen als auf Prävention. Am 1. September 1998 trat ein neues Gesetz in Kraft, mit dem die Ordnungsstrafen und die formellen Verwaltungsaufgaben der Arbeitsinspektoren geändert werden; dies dürfte sich auf die Arbeitsinspektion in Polen gerade in Bezug auf Präventivmaßnahmen positiv auswirken, was angesichts der Rekordzahl der Arbeitsunfälle (120.000) im Jahre 1997 auch dringend notwendig ist. Zukünftig bedarf es weiterhin einer erheblichen Stärkung der Verwaltungskapazität.
Slowenien Bei der Angleichung der Rechtsvorschriften zu Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz lassen sich einige Fortschritte verzeichnen, doch dauert die Angleichung bestehender Rechtsvorschriften an die EU-Normen länger als der Erlass neuer Vorschriften. Die staatliche Arbeitsverwaltung muss ausgebaut werden. Das slowenische Programm erhält keine ausreichenden Details hinsichtlich der Durchführung von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Das Amt für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz benötigt eine Verstärkung seines Personalbestands, seiner Ressourcen und des Fachwissens zur Verbesserung des Arbeitsschutzes.
Tschechische Republik Im Berichtszeitraum wurden keine Rechtsvorschriften zur Umsetzung der EU-Vorschriften im Bereich Gesundheit und Sicherheit erlassen. Die Behörden haben einen Plan für die Umsetzung der Rechtsvorschriften aufgestellt und einen realistischen Zeitplan für den Zeitraum 1998-2003 vorgelegt, ausgenommen für die Richtlinie "Zahlungsunfähigkeit". Zuständig für die Durchsetzung der Vorschriften zu Ge-sundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ist überwiegend das Tschechische Amt für Arbeitssicherheit (COSO). Unzureichend ausgerüstet und modernisierungsbedürftig sind vor allem die Dienste für Arbeitshygiene.
Ungarn Ungarn hat seine Gesetzgebung in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Schutz der Arbeitnehmer einer Reihe von EU-Richtlinien angeglichen. Für die Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum Gesundheitswesen und zur Sicherheit am Arbeitsplatz sind in Ungarn der Nationale Dienst für öffentliche Gesundheitsversorgung und das Arbeitsmedizinische Aufsichtsamt zuständig. Jedes Institut scheint seinen Aufgabenbereich gut im Griff zu haben, es fehlt aber an einer regelmäßigen organisierten Kooperation beider Stellen im Hinblick auf Rationalität und Stärkung.
Quelle: Berichte über Fortschritte der Anwärterstaaten auf dem Weg zum Beitritt, 4. November 1998, Europäische Kommission - DG1A

KMUs stellen erfahrungsgemäß eine spezielle Risikogruppe dar und sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausprägungen (Typen, Funktionen, Organisationsstrukturen) schwer erreichbar. Dies gilt für alle EU-Länder, insbesondere aber für die MOELs.

Hohe Unfallhäufigkeit

Bisher konzentrierten sich Maßnahmen zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz hauptsächlich auf große Unternehmen. Aber mehr als die Hälfte und oft mehr als drei Viertel der Bevölkerung in den EU-Ländern arbeitet in Firmen mit weniger als 100 Beschäftigten. Darüber hinaus weisen KMUs eine hohe Rate an Arbeitsunfällen auf, und diese fallen schwerwiegender aus.

Quelle: HVBG/ Berufsgenossenschaftliche Zentrale für Sicherheit und Gesundheit

Schwierigkeiten der KMUs

Diese kleinen Firmen sind oft wenig geneigt, Maßnahmen zur Unfallprävention einzuführen und in Sicherheitsmaßnahmen zu investieren. Durch Wissens-, Zeit-, Personal- und Geldmangel sind sie vielfach auch nicht in der Lage, die gesamte Gesetzgebung oder auch große Veränderungen/Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der -umwelt zu verstehen bzw. in die Praxis umzusetzen. Folglich ist eine adäquate Gesundheits- und Arbeitsschutzpolitik in den KMUs kaum vorhanden, die Sicherheitsstandards lassen vielfach zu wünschen übrig. Deshalb ist es außerordentlich wichtig, zukünftig verstärkt auf die speziellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der KMUs einzugehen.

Innerhalb eines Phare-Projektes der EU unterstützt BASYS das Tschechische Amt für Arbeitssicherheit (COSO), die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in KMUs zu verbessern.