13. Jahrgang

Deutsche Ausgabe

Dezember 1998

  Inhalt:

Beschäftigte im deutschen Gesundheitswesen
Kostendämpfung 1997 und Beschäftigung im Gesundheitswesen
Finanzielle Entwicklung der ungarischen Krankenversicherung
Deutsch-ungarischer Vergleich der Krankenversicherung

Beschäftigte im deutschen Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen zählt seit Jahren zu den Wirtschaftszweigen mit der höchsten Beschäftigungszunahme. Bisher existiert in der Bundesrepublik Deutschland jedoch keine aussagefähige und alle Einrichtungen umfassende Statistik für die Erwerbstätigen im Gesundheitswesen. Im Rahmen eines Forschungsauftrages des Bundesministeriums für Gesundheit griff BASYS diesen Umstand auf und legte für das Jahr 1996 eine Beschäftigungsrechnung vor.

Neue Berechnungsgrundlage

Die Berechnung der Zahl und Struktur der Erwerbstätigen im Gesundheitswesen wird nicht über die Gliederung der Berufe des Gesundheitswesens vorgenommen, sondern über die Definition und Abgrenzung der Einrichtungen des Gesundheitswesens. Der Vorteil liegt darin, daß dadurch auch technische und Verwaltungsberufe erfaßt werden. Die Zuordnung der Einrichtungen folgt der Systematik der neuen Gesundheitsausgabenrechnung des Bundes.

Als Datengrundlage für die Beschäftigungsrechnung dienen die Statistiken der Einrichtungen oder der Leistungserbringer, die amtlichen Beschäftigungsstatistiken, die Statistiken der Berufsgenossenschaften, die Handwerkszählung sowie eigene Erhebungen.

4,05 Mio. Beschäftigte im Gesundheitswesen

1996 arbeiteten in der Bundesrepublik Deutschland 4,05 Mio. Personen im Gesundheitswesen, davon 3,78 Mio. (93,3%) in direktem Kontakt mit den Patienten und 271.000 (6,7%) in Vorleistungsindustrien wie der pharmazeutischen oder medizin-technischen Industrie.

Bezieht man die genannten 4,05 Mio. auf alle Erwerbstätigen der Bundesrepublik Deutschland, beträgt ihr Anteil im Jahr 1996 11,2%. Demzufolge ist nahezu jeder neunte Erwerbstätige in der Bundesrepublik Deutschland in Einrichtungen des Gesundheitswesens beschäftigt. Dies unterstreicht die hohe arbeitsmarktpolitische Relevanz des Gesundheitswesens.

Krankenhäuser größter Arbeitgeber

Im ambulanten Bereich waren insgesamt 41,7% oder 1,69 Mio. Personen beschäftigt. Geringfügig mehr, nämlich 1,70 Mio. oder 42% der Beschäftigten, hatten ihren Arbeitsplatz in Einrichtungen der stationären und teilstationären Versorgung. Im ambulanten Bereich stellen Arztpraxen die meisten Arbeitsplätze bereit, im stationären und teilstationären Bereich sind es die Krankenhäuser, die ca. 1,15 Mio. Personen beschäftigen.

Relativ wenige Personen sind in den Einrichtungen des Gesundheitsschutzes (1,1% der Beschäftigten), des Krankentransports und Rettungsdienstes (1,3%), der Verwaltung (5,6%) sowie der sonstigen Wirtschaftszweige (1,6%) beschäftigt. In den Vorleistungsbereichen des Gesundheitswesens, hierzu gehören vor allem die pharmazeutische und die medizin-technische Industrie, die augenoptische Industrie und der medizinische Großhandel, haben 6,7% der Erwerbstätigen des Gesundheitswesens ihren Arbeitsplatz.

Die Studie „Beschäftigte im Gesundheitswesen 1996” kann bei BASYS zum Preis von DM 28,50 plus Versand bezogen werden.

Kostendämpfung 1997 und Beschäftigung im Gesundheitswesen

Die zum 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Neuordnungsgesetze in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung führten zu einem absoluten Rückgang der Ausgaben von 272,6 auf 267,9 Mrd. DM. Damit konnte die GKV nach Verlusten von 6,8 Mrd. DM in 1996 im Folgejahr einen Überschuß von 1,1 Mrd. DM erzielen.

Wie wirkten sich diese Kostendämpfungserfolge auf die Beschäftigung im Gesundheitswesen aus? Da eine vollständige Beschäftigungsrechnung bisher nur für das Jahr 1996 vorliegt (siehe oben), sind auch nur erste Tendenzaussagen anhand der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten möglich.

Demnach kann für 1997 ein geringer Beschäftigungsanstieg erwartet werden. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gesundheitswesen stieg um rund 9.600 Personen gegenüber 52.900 im Vorjahr. In der zweiten Jahreshälfte 1997 ergäbe sich per saldo eine deutliche Abflachung, in Westdeutschland sogar ein Rückgang im vierten Quartal 1997.

Man darf gespannt sein, wie die Zahlen für 1998 und 1999 ausfallen und welche Effekte die Reformen der neuen Bundesregierung auf die Beschäftigung in den einzelnen Sektoren des Gesundheitswesens haben werden.

Finanzielle Entwicklung der ungarischen Krankenversicherung

1997 wurde in Ungarn eine Reform der Rentenversicherung durchgeführt. Dies hatte drastische Auswirkungen auf die Nationale Ungarische Krankenkasse (OEP). Trotz Sparerfolgen wuchs das jährliche Defizit nochmals deutlich an. Als Folge der Rentenreform wurden die gegenseitigen Zahlungen zwischen Pensions- und Krankenkasse aufgehoben. Dadurch erhielt die OEP ca. 30 Mrd. HUF weniger. Daneben gibt es noch andere Ursachen für die Defizite wie z.B. die schwache Zahlungsmoral hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung, vor allem bei den Selbständigen. 1996 lag der Durchschnittsbeitrag je Selbständigem beispielsweise unter 60% des Beitrages eines Versicherten im Angestelltenverhältnis. Verstärkt werden diese Mißstände durch die ungleiche Verteilung der finanziellen Belastungen im Gesundheitswesen. Den größten Anteil an der Finanzierung des ungarischen Gesundheitswesens leisten Arbeitnehmer; 1997 beispielsweise repräsentierte diese Gruppe 33,6% der Sachleistungen und 86,5% aller Beitragszahlungen. Weitere 16% stellten Versicherte, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, aber Anspruch auf Versicherungsschutz im Krankheitsfall haben (Studenten, Sozialhilfeempfänger).

Wider Erwarten ist demgegenüber der Anteil der Gesundheitsausgaben der OEP am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 5,7% (1994) auf 4,9% im Jahr 1997 gefallen.

Anteil der OEP-Gesundheitsausgaben am BIP (in %)

Jahr

1994

1997

Gesamt

5,70

4,90

Ambulant

1,36

1,18

Stationär

2,28

1,88

Andere Leistungen

0,24

0,19

Arzneimittel

1,41

1,21

Hilfsmittel

0,17

0,20

Verwaltung

0,24

0,24

Das vorrangige Ziel der OEP, die aktuellen finanziellen Probleme im ungarischen Gesundheitssystem zu lösen, ist bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen aus eigener Kraft nicht möglich, da gleichzeitig die Qualität der Leistungen - auch im Hinblick auf einen EU-Beitritt - zu verbessern ist.

Für die weitere Reform des Gesundheitswesens müßten die folgenden Punkte stärkere Beachtung finden:

Hinsichtlich des letztgenannten Punktes weckt die 1998 neu gewählte ungarische Regierung Hoffnungen, die Reform des ungarischen Gesundheitssystems durch die stärkere Betonung des Versicherungsprinzips und/oder eines wettbewerbsorientierten Systems wie z.B. in den Niederlanden oder der BRD zu unterstützen.

Deutsch-ungarischer Vergleich der Krankenversicherung

Ein Vergleich der Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung Ostdeutschlands (GKV-Ost) mit Ungarn zeigt, daß die Ungarische Nationale Krankenversicherung (OEP) mit deutlich weniger Geld auskommen muß. Während der OEP 1997 nur 4,8% des BIP zur Verfügung standen, waren es in der GKV-Ost dank westlicher Hilfe 9,1%.

Bei den Ausgaben je Versicherten ist der Unterschied besonders augenfällig. Die ostdeutschen Krankenkassen gaben 1997 durchschnittlich über achtmal mehr für Gesundheit aus (2.992 DM) als ihre ungarischen Nachbarn (367 DM, auch die nachfolgenden Angaben in Devisenkursen). Im Krankenhausbereich beispielsweise zahlten die Ostdeutschen 1.092 DM, die Ungarn 143 DM; noch krasser ist der Unterschied bei Ausgaben für Ärzte/Zahnärzte mit 846 DM in Ostdeutschland und 90 DM in Ungarn. Bei Arznei-/Hilfsmitteln reduziert sich der Unterschied auf das 6,4fache mit 688 DM in Ostdeutschland und 107 DM in Ungarn. Genau zehnmal mehr mußten die ostdeutschen Versicherten für die Administration aufwenden, nämlich 180 DM und sogar mehr als das 20fache bei sonstigen Ausgaben, nämlich 186 DM im Vergleich zu 9 DM in Ungarn.

Grund dafür ist offensichtlich die gesundheitspolitische Orientierung an westdeutschen Maßstäben, ohne die Produktivität Ostdeutschlands berücksichtigt zu haben. Dadurch wird in Ostdeutschland - gemessen am Einkommen - im internationalen Vergleich am meisten für Gesundheit aufgewendet.

Im Hinblick auf den EU-Beitritt fast aller osteuropäischer Länder läßt das unterschiedliche Niveau der Gesundheitsausgaben - trotz zwischenzeitlich durchgeführter Reformen - nach wie vor Zweifel aufkommen, ob sie in absehbarer Zeit EU-Standards erreichen können.

Das ostdeutsche Gesundheitswesen hatte 1994 den Spitzenplatz der Gesundheitsausgaben im internationalen Vergleich inne (siehe Schaubild unten). Der Überblick über die Gesundheitsausgaben in 20 ausgewählten Ländern ist unserer Publikation "Gesundheitssysteme im internationalen Vergleich - Übersichten 1997", ISBN 3-930077-12-4, entnommen, zu beziehen für DM 49,-- plus Versand bei BASYS oder über den Buchhandel (siehe auch das Verlagsangebot).